VON DR. FRED DUSWALD*
Als „Frau, die einen
Holocaust überlebte und einen anderen verschuldete“ kennzeichnet das
katholische Medium Info Vaticana die am 30. Juni im Alter von -- 90 Jahren in
Paris verblichene Politikerin Simone Veil (1927-2017), die als Jugendliche die
Judenverfolgung überlebte und als Gesundheits(!)ministerin 1974 das
Abtreibungsgesetz durchboxte, dem seither mindestens 7,5 Millionen ungeborene
Kinder zum Opfer gefallen sind.
„Das trauernde Frankreich bringt Madame Simone Veil seine Dankbarkeit
zum Ausdruck“, twitterte Staatspräsident Emmanuel Macron. Nicht lumpen ließ
sich auch sein Vorgänger François Hollande: „Frankreich
verliert eines seiner großen Gewissen.“
Das Licht der Welt erblickte
die „Jahrhundertfrau“ (Die Welt) als
Simone Jacob in Nizza. Mutter Yvonne, geborene Steinmetz, war Atheistin, Vater André,
Architekt, hasste die Deutschen und nannte sie, so Simone am 22. März 2009 im
Berliner Tagesspiegel, stets „les Boches“.
Im März 1944 wurde die jüdische Familie verschleppt. Vater und Bruder kamen
nach Litauen. Beide kamen nicht zurück. Simones Schwester Denise war bei der Résistance
und überlebte im KZ Ravensbrück. „Die
Mutter starb in Auschwitz“, zwischentitelte Die Welt in ihrem Nachruf auf
Simone, um anschließend im Text fortzusetzen, dass diese in Bergen-Belsen „wenige Tage vor der Befreiung zusehen musste,
wie ihre Mutter [dort] an Typhus starb“ (5.7.2017).
Simone heiratete 1946 Antoine
Veil, den Generaldirektor der Lufttransportgesellschaft UTA und wurde unter
Giscard d'Estaing Ministerin. Sogleich nahm sie die Freigabe der Abtreibung in
Angriff: „Es war eine explosive,
chauvinistische Stimmung im Land. Dabei hatte der Nouvel Observateur schon das ,Manifest
der 343‘ veröffentlicht, in denen zum Beispiel Simone de Beauvoir [1908-1986],
Françoise Sagan [1935-2004}, Catherine Deneuve [*1943] Jeanne Moreau [*1928]
erklärten, sie hätten abgetrieben. Das Gesetz wurde ein Triumph.“
Erschütterter Staat
Laut Deutschlandfunk erschütterte
Simone Veil das ·Wertesystem Frankreichs bis in die Grundfesten. Nie wieder gab
es eine so schwierige Debatte in der Nationalversammlung. Da wurde geschrien
und geschimpft, es gab die schlimmsten Beleidigungen. Ein Abgeordneter fragte,
ob „Madame la Ministre“ es verantworten könne, Embryos wie in den Nazi-Lagern
zu verbrennen. Einen Moment lang verbarg Simone Veil ihr Gesicht. Noch Jahrzehnte
später spekuliert man in Frankreich darüber, ob die junge Gesundheitsministerin,
die den Geruch der Krematorien von Auschwitz nie vergessen hat, in diesem
Moment weinen musste.
Die Abstimmung
Am 29. November 1974 um 3.40
Uhr morgens stimmten die Abgeordneten ab. Die bürgerliche Seite verfügte über
eine satte Mehrheit von 302 von 490 Mandaten. Die Liberalen aber, denen Simone
Veil angehörte, erstrebten mit nicht geringerer Vehemenz als die politische
Linke die Legalisierung des Kindermordes. Die Linksopposition, die geschlossen für
die Abtreibung stimmte, und ein Drittel der bürgerlichen Regierungskoalition
schufen ad hoc eine ansonsten nicht existierende Parlamentsmehrheit. Simone
Veil wurde zum international von Linken und Liberalen gefeierten Fetisch des
Feminismus. „Ich hatte nicht den Hass
erwartet, den ich wecken würde“, erinnerte sie sich später. „Man hat auf meine Haustür ,Veil=Hitler‘ geschrieben.“
Dieser Vergleich hinkt insofern, als für Abtreibung unter Hitler die
Todesstrafe drohte.
Die Praxis heute
Heute praktizieren mehr als
95 Prozent der französischen Gynäkologen die Abtreibung oder sind bereit dazu.
Weniger als fünf Prozent machen von einem eingeschränkten Recht auf Verweigerung
aus Gewissensgründen Gebrauch. Wer aus Gewissensgründen verweigert, hat
beruflich schwere Nachteile. Die Chancen auf eine Stelle als Chefarzt sinken
auf Null.
Der Großorient von Frankreich
jedoch, größte Freimaurer-Obödienz der Republik, ehrte die Täterin mit einem Abguss
der „Marianne“ von Jacques France.
Die Verleihung der Statuette sei „ein
Zeugnis der Verbundenheit und der Anerkennung des Großorients von Frankreich
für Simone Veil, unsere Schwester von Herzen“, lobte Großmeister Daniel
Keller ihren „Kampf für die
Frauenemanzipation, die Tochter der Laizität, die den Kern des freimaurerischen
Wirkens bildet“. Die „Loi Veil“
pries er als „Symbol jener Verbesserung
des Menschen und der Gesellschaft, an der die Freimaurer arbeiten: Dieses
Gesetz bleibt ein Pfeiler unserer Gesellschaft.“
Gewählt & geehrt
Nach ihrem Ausscheiden aus
der Regierung wirkte die „Mahnerin und
Ministerin“ (Der Tagesspiegel) von 1979-1981 als Präsidentin des
Europäischen Parlaments in Straßburg. Gewählt wurde die Engelmacherin mit den
Stimmen der bundesdeutschen Christdemokraten und Christsozialen. Verwirrung kam
auf, als bekannt wurde, dass Simone Veil, Ehrenvorsitzende einer Stiftung zum
Gedenken an die Shoah, auf einer vom Auschwitz-Museum erstellten Liste zu
Unrecht als eine im Holocaust Umgekommene geführt wurde.
Über die Überlebende ging ein
Regen von Ehrungen und Auszeichnungen hernieder:
Wie vor ihr der Kriegsverbrecher
Winston Churchill (1874-1967) und nach ihr die Rechts- und Verfassungsbrecherin
Angela Merkel wurde Simone Veil mit dem Karlspreis der Stadt Aachen bedacht.
Auf dem Fuß folgten der Truman-Preis für Frieden, die Stresemann-Medaille in
Gold, der Schillerpreis der Stadt Marbach, der Heinrich-Heine-Preis der Stadt
Düsseldorf und nicht zuletzt der Bürgerrechtspreis der Zigeuner. Diese
Aufzählung ist nicht vollständig. Britenqueen Elisabeth ernannte die
Engelmacherin zur „Dame Commander“.
2008 wurde Simone Veil als
sechste Frau zum Mitglied der „Academie
française“ gewählt. So nennt sich die 1635 unter Ludwig XIII. (1601-1643)
ins Leben gerufene Gelehrtengesellschaft, die sich der Pflege der französischen
Sprache widmet. Simones Sitz dort war Fauteuil 13, auf dem auch schon der
Dichter Jean Racine (1639-1699) saß. Die Mitgliedschaft in der Academie gilt als
ehrenhafteste Krönung einer Intellektuellenkarriere mit quasi-adligen Status.
Zu allem Überfluss ruht die „Heroïne“
(L'Officiel ) im Pariser Pantheon, der Ruhmeshalle Frankreichs.
Geistliches Lob
Von geistlicher Seite kam zur
mehrfachen Ehrung der Engelmacherin kein Wort der Missbilligung. Der Fall Veil
erinnert vielmehr an den Fall Emma Bonino (* 1948), der zentralen Figur bei der
Legalisierung der Abtreibung in Italien. Anno 1975 wurde die Liberale
Mitbegründerin des Informationszentrums für Sterilisierung und Abtreibung (“Centro
di Informazione Sterilizzazione e Aborto”, CISA) zur Ikone für die italienische
Legalisierungskampagne.
Höchtes Lob
Papst Franziskus lobte Emma
Bonino im Corriere della Sera vom 8. Februar 2016 als „ganz Große“.
Analoges Lob spendeten nun
Frankreichs Bischöfe der verblichenen Simone Veil: „Wir grüßen ihre Größe als Staatsfrau, ihren Willen, für ein
brüderliches Europa zu kämpfen, ihre Überzeugung, dass Abtreibung ein Drama
ist.“ Für das Zweite Vatikanische Konzil war Abtreibung kein Drama, sondern
ein „verabscheuungswürdiges Verbrechen“.
So wörtlich in der Pastoralkonstitution „Gaudium
et spes“ unter Nr. 51.
Angesichts der gigantischen
Blutspur, die Simone Veil durch ihr Abtreibungsgesetz durch Frankreich und
Europa zog, ist die TwitterBotschaft der französischen Bischöfe ein maximaler
Skandal. Der Abtreibungspolitikerin wurde kritiklos Weihrauch gestreut. Die
Abtreibungsopfer, die fast 7,5 Millionen unschuldige Kinder, die Veils Gesetz
zum Opfer gefallen sind, wurden mit keinem Wort erwähnt.
Die Bischöfe verhalten sich
damit nicht anders als die Abtreibungsideologen. Die ungeborenen Kinder werden
ausgeblendet. Sie gibt es einfach nicht. Sie müssen entmenschlicht und
verdinglicht werden, um sie gewissenlos beseitigen zu können.
Auch beim Ableben der
abtreibungsrabiaten Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (1954-2014) sagten
Österreichs „ungute Hirten“ nicht zum
Abschied leise „servus“, sondern
lobten die tote Rote auf das Lauteste.
* Dr. Fred Duswald gehört zu den angefeindesten Schriftstellern
Österreichs. Zuletzt überstand er einen Prozess nach einer Anzeige durch den
Linzer Bischof Manfred Scheuer. Trotz allem tritt Duswald nicht aus der Kirche
aus und berappt die von Hitler eingeführte Kirchensteuer. So wie schon den
unvergessenen Pornojäger Martin Humer zählt „Der 13.“ Dr. Fred Duswald zu
seinen Freunden.
Aus „Der 13.“ Nr. 9 vom 13.
September 2017, S. 5-6.
Bild: Wikimedia Commons
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