Das Ungeborene bekommt sehr viel mehr mit als wir
glauben. Unglück, Angst oder Wut, aber auch Glücksgefühle - den Kleinen entgeht
so schnell nichts. Erhöht sich zum Beispiel der Blutdruck oder der Herzschlag
der Mutter werden vermehrt Hormone oder Adrenalin ausgeschüttet, die das Baby
über die Nabelschnur aufnimmt. Der Verlauf der Schwangerschaft spielt also eine
wichtige Rolle. Alles, was dem Kind in den neun Monaten bis zur Geburt
widerfährt, wirkt sich auch auf die Persönlichkeit des Kindes und sein Lebensgefühl
aus.
„Die Lebenszeit im Mutterleib ist der Ursprung von
Gesundheit und Krankheit“ - so beschreibt der US-Physiologe Peter
Nathanielsz ein Phänomen, das Mediziner und Psychologen zunehmend fasziniert: „Fetal Programming“. Bereits im Mutterleib könnten - möglicherweise
unter dem Einfluss mütterlicher Hormone - die Weichen für die körperliche und
psychische Gesundheit des Kindes gestellt werden. Studien, die genauere Details
zeigen sind im Moment in Gange. Aber eines ist sicher: Die Entwicklung im Mutterleib
ist wichtiger, als es sich die meisten vorstellen können.
Fetal Programming
„Fetal Programming“ ist ein noch recht junger
Zweig der Medizin und bedeutet so viel wie Prägung lebenslanger
Krankheitsveranlagungen schon im Mutterleib. Niemals wieder im Leben wächst der
Mensch so schnell wie eben im Mutterleib. Deshalb können Störungen während der
Schwangerschaft den späteren Gesundheitszustand wie zum Beispiel das Risiko zur
Entwicklung von Übergewicht, Diabetes mellitus oder Arteriosklerose beeinflussen.
Was Wissenschaftler anfangs nur vermuten haben, konnte
durch klinische Studien belegt werden: Wer im Mutterleib schlecht ernährt wird,
dessen Gesundheit ist womöglich ein Leben lang bedroht. Ein Beispiel: Ist ein
Baby nach der Geburt sehr klein, dann liegt das häufig daran, dass die Mutter
während der Schwangerschaft schlecht ernährt war oder gar Hunger litt. Studien
weisen außerdem darauf hin, dass ein zu viel an Stress in der Schwangerschaft
beim Kind lebenslang eine erhöhte Stressempfindlichkeit bewirken kann.
Spuren im Gehirn
Immer mehr Forschungsbefunde deuten darauf hin, dass
einschneidende Belastungen während der Schwangerschaft bleibende Spuren im
Gehirn des Ungeborenen hinterlassen können. So fanden Forscher heraus, dass
Stresshormone der Mutter, die in belastenden Situationen ausgeschüttet werden,
in den Stoffwechsel des Ungeborenen gelangen können und das sich entwickelnde
Gehirn des Ungeborenen beeinflussen. Nicht ohne Folgen: der pränatale Stress
kann die Stressregulation des Körpers dauerhaft beeinträchtigen.
Deutsche Panzer, die im Zweiten Weltkrieg die Niederlande
überrollten, zeigen noch Jahrzehnte später ungeahnte Auswirkungen - und zwar
bei denen, die sich im Mai 1940 im Mutterleib befanden. Die zur Zeit der
Blitzinvasion noch ungeborenen Kinder erkrankten in ihrem späteren Leben weit
häufiger an Diabetes, Bluthochdruck und Schizophrenie.
Babys fühlen mit
Angst, Ärger, Ablehnung und Stress wirken sich negativ
auf die Entwicklung von Kindern aus. Wenn sich der Herzschlag der Mutter z.B.
durch Stress beschleunigt, verdoppelt sich auch der des Kindes nur kurze Zeit
später. Starke Ängste oder Stress während der Schwangerschaft lassen die Kinder
zu klein oder zu früh auf die Welt kommen.
Doch nicht jede Aufregung in der Schwangerschaft muss
zwangsläufig schädlich fürs Kind sein. Stress, der nur wenig belastet schadet
dem Ungeborenen nicht. Ein weiterer Trost ist auch, dass eine glückliche frühe
Kindheit in einer liebevollen Familie viele Wunden heilen kann.
Was tut dem Ungeborenen gut?
Schon nach der Zeugung beginnt sich das werdende Leben
auf das Leben mit der Mutter einzustellen und reagiert auf die Einflüsse, denen
es ausgesetzt ist. Je ruhiger, ausgeglichener und zufriedener die werdende
Mutter ist, desto günstiger sind die Entwicklungsbedingungen für das
Ungeborene, denn Geborgenheit beginnt bereits im Mutterleib. Liebevolle
Zuneigung und die Vorfreude der Mutter auf das Ungeborene übertragen sich
positiv auf das Kind.
Spätestens im sechsten Monat empfindet das Ungeborene
Vibrationen, Druck und die Temperatur, beispielsweise wenn die Mutter ihre Hand
auf den Bauch legt. Die Mutter kann also ganz direkten Einfluss auf das
Seelenleben ihres Kindes nehmen. Ein ruhiger und normaler Herzschlag der Mutter
fördert den Schlaf, aber auch sanfte Musik oder Zwiegespräche der Mutter mit
dem Baby, die das Ungeborene schon wahrnehmen kann. Signale, Lärmreize und
nervige Musik lösen dagegen eine gegenteilige Reaktion aus.
Fazit
Zusammenfassend kann also gesagt werden, eine Mutter kann
Stress auf ihr Kind übertragen oder ganz bewusst vor zu viel Stress schützen.
Innere Sicherheit, die Fähigkeit zur Auseinandersetzung, vor allem aber
Zufriedenheit und innere Ausgeglichenheit können das Ungeborene stärken. Ein
zuviel an belastenden Reizen empfindet das Kind im Mutterleib als Stress, der
ihm auch schaden kann. Der beruhigende Herzschlag einer ausgeglichenen,
zufriedenen Mutter, die sich auf ihr Kind freut fördert die emotionale und
gesunde Entwicklung. Am allerwichtigsten für das Kind ist es also, dass es sich
angenommen, geliebt und erwünscht fühlt.
Autor: Universität Trier (entnommen aus gesundheit.de)
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