Nach unserem Glauben gilt den Kindern auch eine besondere
Stellung, eine herausragende Bedeutung und Würde unter den Menschen, die
besonders auch den Ungeborenen zukommt. Genauer betrachtet, kommt aber dem
Ungeborenen nicht nur die Würde zu, die jedem Menschen gemeinhin gilt. Das
ungeborene Kind besitzt vielmehr eine besondere, beispielhafte, typische
Bedeutung für das Menschsein als solches. Dem Ungeborenen kommt eine besondere
innere Güte und ein herausragender Wertgehalt zu. Er liegt in der besonderen
Nähe dieses Kindes zum geheimnishaften Ursprung des menschlichen Lebens, das in
einem je neuen göttlichen Schöpfungsakt entsteht. Das Ungeborene ist gleichsam
der allererste Reflex des Schöpferaktes. In diesem Reflex leuchtet sowohl die
unendliche Liebe Gottes als auch die innerste Nähe des Geschöpfes zu seinem
Schöpfer auf. Das Kind im Mutterschoß verwirklicht so den Zustand der höchsten
Intimität zwischen der Macht des Schöpfers und der Ohnmacht des menschlichen
Geschöpfes, das dennoch mit der Würde einer göttlichen Berufung ausgestattet
ist; denn jedes menschliche Geschöpf ist ein Wort Gottes und zur Antwort auf
den Schöpfer berufen.
(Kardinal Scheffczyk, 2005)
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