Zeuge Christi sein bedeutet, Zeugnis zu gegen für die
Wahrheit, für Gott und die wahre Größe des Menschen, für die gottgewollte
Ordnung in allen Lebensbereichen. Darum ist Kardinal von Galen damals so
entschieden gegen die organisierte Ermordung sogenannten unwerten Lebens
aufgetreten. Gegenüber menschenverachtender Tyrannei erinnerte er an das Gebot
Gottes: „Du sollst nicht töten!“ Wenn auch heute die Bedrohung der
Würde und Grundrechte des Menschen auf nicht so dramatische, sondern subtilere
Weise geschieht, muss die Kirche nicht weniger bereit sein, „nec timore nec
laudibus“, ohne Rücksicht auf Einschüchterung und Lob, sich gleichermaßen
stets zum Anwalt des Lebens machen. Angesichts der erschreckend hohen Zahl der
Abtreibungen und der zunehmenden unerlaubten Praktiken sogenannter „Sterbehilfen“ hat der Dienst am Leben für uns Bischöfe in der
heutigen Gesellschaft erneut eine große Aktualität und Dringlichkeit erlangt.
Es gilt, Gott als den alleinigen Herrn über Leben und Tod mit neuem Nachdruck
zu verkünden und die feindliche Einstellung dem Leben gegenüber sowie den
mangelnden Mut zur Weitergabe des Lebens durch ein neues Ja zum Leben zu
überwinden. Vor allem in den Ehen und Familien ist ein zuversichtliches,
lebensfreundliches Klima zu fördern, die Bereitschaft zu einem Leben, das offen
und fähig ist, in der lebendigen Gemeinschaft mit Gott zu seiner vollen
Entfaltung und Erfüllung zu gelangen, Denn Christus ist ja gekommen, daß die
Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10).
Ansprache Johannes Paul II. an die Deutsche Bischofskonferenz in Köln am 30.April 1987